BuchRezension zu „Queere Tiere“

rEZENSION VON eNI

Der Sammelband „Queere Tiere – Queere Perspektiven auf Veganismus und Mensch-Tier-Verhältnisse“ ist der erste seiner Art im deutschsprachigen Raum und spätestens jetzt ist klar: es war an der Zeit, dass es ihn gibt!

Die Beiträge im Buch zeigen unter anderem auf, welche Zusammenhänge zwischen der Unterdrückung bestimmter Gruppen menschlicher und nicht-menschlicher Tiere existieren. Und sie versuchen Antworten darauf zu geben, worin diese Zusammenhänge begründet sind und wie eine gemeinsame Befreiung aus den patriarchalen und kapitalistischen Strukturen gelingen könnte.

„Queere Tiere“ beleuchtet diesen Themenkomplex auf ganz unterschiedliche Weise und aus unterschiedlichen Blickwinkeln:
Da sind zum einen die wissenschaftlich geprägten Beiträge, die sich mal aus einer philosophischen, mal aus einer soziologischen, psychologischen oder historischen Perspektive den oben beschriebenen Inhalten nähern. Sie stellen Konzepte und Theorien vor, die dabei helfen, die Zusammenhänge zwischen Speziesismus (Diskriminierung und Ausbeutung von nicht-menschlichen Tieren aufgrund ihrer Artzugehörigkeit) und anderen Formen der Diskriminierung (z. B. Ableismus, Queerfeindlichkeit, Rassismus, Sexismus) nachvollziehbar zu machen und einzuordnen. Für Personen, die keinen wissenschaftlichen Hintergrund haben, mögen diese Kapitel vielleicht anfänglich nicht ganz so eingängig erscheinen. Es lohnt sich jedoch, dranzubleiben und sich intensiv mit diesen Beiträgen auseinanderzusetzen. Denn spätestens nach dem Lesen dieser Kapitel wird mensch feststellen: „Na klar, das ist doch völlig eindeutig und logisch, dass Queerfeminismus (und selbstverständlich auch andere Befreiungsbewegungen) mit Tierbefreiung verbunden sind, ja, verbunden sein müssen! Es hängt alles miteinander zusammen und jegliche Form der Unterdrückung hat einen ähnlichen – wenn nicht sogar denselben – Ursprung!“


Da sind aber auch die Geschichten, die uns Einblicke in das Leben der beteiligten Autor*innen geben und uns an ihrer persönlichen Entwicklung und ihrem Alltag als queere, vegan lebende Personen und Tierrechtsaktivist*innen teilhaben lassen. Auf bewegende und ehrliche Weise schildern sie ihre Erlebnisse und Erfahrungen, die oft mit Zweifeln und der Überwindung von Widerständen verbunden waren und immer noch sind. Wir erfahren, welche Wege die Autor*innen gegangen sind, um letztlich ein freieres Leben führen zu können, das mehr im Einklang mit den eigenen Bedürfnissen steht. Diese persönlichen Geschichten berühren und regen zum Nachdenken, Nachspüren an. Sie bieten eine Identifikationsfläche für die Leser*innen dieses Sammelbands. Und vielleicht inspirieren und ermutigen sie die ein oder andere Person, aus der eigenen Unfreiheit auszubrechen und in ihrem Leben mehr Authentizität, Selbstbestimmung und Freude erfahrbar zu machen.

Abgerundet wird der Sammelband durch künstlerische Beiträge in Form von Illustrationen und Lyrik, die die Zusammenhänge zwischen Kapitalismus, Queerfeindlichkeit und Speziesismus auf einer fiktiven, poetischen Metaebene verdeutlichen. Diese kurzen kreativen Einschübe sind wie Farbtupfer die sich durch den gesamten Sammelband ziehen und ihm eine ganz besondere Note verleihen.

Insgesamt hat India Kandel es geschafft, einen Sammelband herauszugeben, der einzigartig ist: Er umfasst eine beeindruckende Sammlung von gut recherchierten, informativen und wissenschaftlich fundierten Texten, von persönlichen, nahbaren und berührenden Geschichten und von kreativen Passagen in Bild und Text. Dieser Sammelband ist uneingeschränkt empfehlenswert und ein must-read für alle, denen es ein Anliegen ist, für eine gerechtere und freiere Welt einzustehen, die nicht nur menschliche, sondern auch nicht-menschliche Tiere miteinschließt.

ÜBER HART

Was sind die drängendsten Anliegen der Tierrechtsbewegung? Welche Entwicklung nimmt der internationale Aktivismus? Und wo liegen Chancen für künftige Fortschritte?

Diese Veranstaltungsreihe gibt Antworten: vielfältig, konkret und praxisnah. Erfahrene Tierrechtsaktivist*innen berichten hier in regelmäßigen Abständen von erfolgreichen Projekten und Kampagnen, von vielversprechenden Ansätzen und Strategien.

Ihre Vorträge und Workshops sowie aktuelle Filme dienen als Wissenspool und Anregung für alle, die sich für die Rechte der Tiere einsetzen möchten.

Die Hamburg Animal Rights Talks sind ein gemeinsames Angebot von Animal Rights Watch e.V. (ARIWA), Komplex Tier und unabhängigen Aktivist:innen.

RÜCKBLICK

SA, 15.04.23

LESUNG MIT HILAL SEZGIN

Vom fordernden und beglückenden Leben mit Tieren

An diesem Abend las die Schriftstellerin und Tierethikerin Hilal Sezgin aus ihrem aktuellen Buch: „Vom fordernden und beglückenden Leben mit Tieren“, das gerade im Knesebeck Verlag erschienen ist. Hilal Sezgin hat in der Lüneburger Heide einen privaten kleinen Lebenshof und erzählt in ihrem Buch von Erlebnissen mit Schafen, Gänsen, Schnecken und Katzen. Besonderes Augenmerk legt sie dabei auf das Thema Alter und, Krankheit und auch ablesism. Außerdem geht es natürlich um ethische und politische Aspekte einer gelingenden (?) Multi-Spezies-Gemeinschaft, und wir knüpfen ein wenig an die Veranstaltung „Tierliche Utopien“ vom vergangenen Oktober an.

Aufgenommen am Samstag, den 15. April 2023 in der Fotofabrique, Hamburg.

SA, 11.02.23

LESUNG MIT DR. MARCEL SEBASTIAN

Streicheln oder Schlachten. Warum unser Verhältnis zu Tieren so kompliziert ist und was das über uns aussagt.

Es ist kompliziert – das bringt den Kern der Mensch-Tier-Beziehungen auf den Punkt. Während sich der Wert von Rind, Schwein und Co. für die meisten Menschen in Kilogrammpreisen misst, sind Haustiere häufig geliebte Familienmitglieder und durch nichts aufzuwiegen: Die einen sind für uns Jemand, die anderen Etwas. In seinem Buch „Streicheln oder Schlachten“ erklärt der Soziologe Dr. Marcel Sebastian, wie sich die Beziehungen zwischen Menschen und Tieren verändert haben, wieso wir als Gesellschaft heute so kontrovers über die Zukunft dieser Beziehungen streiten und wie das gegenwärtige Mensch-Tier-Verhältnis immer häufiger in gesellschaftliche Konflikte und Krisen mündet.

Aufgenommen am Samstag, den 11. Februar 2023 in der Fotofabrique, Hamburg.

SA, 10.12.22

VORTRAG VON SARAH HEILIGTAG

„TransFARMation – von der „Nutztier“haltung zur friedfertigen Landwirtschaft und Tierbefreiung“

„Plötzlich sah ich, dass in dem Schweinekörper Jemand zuhause war“
Michael hat es in der Schweinezucht und -mast weit gebracht. Als erfolgreicher Unternehmer erledigt er seit längerer Zeit keine Stallarbeiten mehr, sondern leitet vom Büro aus, sämtliche betriebsrelevanten Belange. Am alles verändernden Tag muss er jedoch selbst in den Stall, da seine beiden Angestellten krank sind. Das Erlebte schildert er folgendermaßen:
„Ich war lange nicht mehr bei den Muttersauen. An diesem Tag waren meine beiden Angestellten krank, sodass ich selbst in den Stall musste. Zuerst ging ich zu den Muttertieren. Es erwartete mich ein Anblick, den ich nie erwartet hätte. Ja, es war ein ‚Anblicken‘ aus Augenpaaren, die mich zu verstehen baten. Im Blick der vordersten Sau meinte ich die Frage zu lesen: ‚Was tun wir hier, wie lange noch?'“

Sarah Heiligtag und ihr Team haben in den letzten vier Jahren über 100 Höfe in eine Umstellung zu einer Landwirtschaft ohne Tierausbeutung begleitet. Jeder Hof produziert heute pflanzliche Nahrung und ist damit unmittelbar Teil der Lösung der Krisen, die die größten Herausforderungen unserer Zeit bedeuten: die Gerechtigkeits-, Biodiversitäts- und die Klimakrise. Diese Umstellung hat sie mit dem Begriff TransFARMation versehen, da es um eine grundlegende Veränderung geht.

In ihrem Vortrag wirft Sarah einen Blick darauf wie es steht um die TransFARMation vier Jahre nach ihrem Start steht. Was die Motivatoren der Landwirt:innen und was sind die Herausforderungen sind. Was kann jede:r Einzelne dazu beitragen, dass sich auch in Deutschland immer mehr Höfe sich zu einer zukunftsfähigen Landwirtschaft weiterentwickeln und Tiere einfach mal in Ruhe lassen und warum die Tierrechtsbewegung die Landwirt:innen mit einbeziehen sollte.

 

SA, 08.10.22

PODIUMSDISKUSSION MIT FRIEDERIKE SCHMITZ & HARTMUT KIEWERT

Schweine laufen durch autofreie, multispeziesgerechte Innenstädte. Die Landwirtschaft ist umgestellt auf bio-vegan. Das Konzept der Lebenshöfe hat sich verallgemeinert und nichtmenschlichen Tiere, welche vormals domestiziert waren, können frei wählen, ob sie mit Menschen zusammen leben wollen, oder sich lieber in das nun weit vielfältigere und bewaldetere Umland um die menschlichen Siedlungen und Städte zurückziehen möchten.

Die Philosophin Friederike Schmitz und der Künstler Hartmut Kiewert diskutieren über mögliche Szenarien einer Multispezies-Gesellschaft und die Transformation dahin.

Aufgenommen am Samstag, den 8. Oktober 2022 in der Zinnschmelze, Hamburg.

 

SO, 19.06.22

VORTRAG VON FLORIAN HEINZE

In diesem Vortrag soll erklärt werden, warum das gesellschaftliche Verhältnis von Menschen zu Wildtieren bzw. der Umgang mit Wildtieren ein wichtiger Bestandteil für die Auseinandersetzung mit dem Mensch-Tier Verhältnis im Allgemeinen sein sollte und damit auch für eine aktivistische Praxis für Tierrechte und Tierbefreiung wichtig ist. An menschlichen Verhältnissen zu Wildtieren zeigen sich nämlich auf besondere Weise die anthropozentrischen¹ Ausrichtungen menschlicher Gesellschaften und damit die Herausforderungen, die es zu bewältigen gilt, um eine gerechte(re) Koexistenz² von menschlichen Individuen und Gesellschaften mit den Individuen anderer Spezies zu erreichen.

SA, 22.11.19

VORTRAG VON ED WINTERS

How can one achieve to be more vocal, more eloquent, better at engaging with non-vegans in conversations about veganism and animal rights? Together with Earthling Ed, Hamburg Animal Rights Talks (HART) invites you to take a closer look at challenging conversations with colleagues, family, friends and total strangers. We develop and discuss strategies for more effective and convincing discussions and practice in role play.

Ed is the co-founder of the animal rights organization Surge, and producer of the documentary Land of Hope and Glory. In 2018 he opened Unity Diner, a non-profit vegan diner in London where all of the profits go to Surge as well as the development of a new sanctuary for farm animals outside of London. Ed has spoken at multiple companies, schools, and universities in Europe and in the U.S. including Ivy League schools such as Harvard and Cornell. He has also given two TED talks, one at Lund University and one at Bath University. Recently, Ed launched his own podcast called The Disclosure Podcast.

Recorded on Friday, 22nd November 2019 at Fabrique im Gängeviertel, Hamburg/Germany

Unfortunately, the battery of the camcorder died after almost two hours so we had to fade out the video at 01:51:30 before the workshop ended. We apologize for the inconvenience.

DO, 12.09.19

VORTRAG VON SARAH HEILIGTAG

Als Aktivist*innen sind wir oft damit beschäftigt gegen etwas zu kämpfen und wir vergessen gerne, dass jedes dagegen auch ein dafür braucht.
Wenn wir aber möchten, dass das ausbeuterische System der Nutztierhaltung beendet wird, ist die Entstehung von produktiven, pflanzenbasierten Landwirtschaftsbetrieben unabdingbar. Reale Veränderung braucht vor allem auch das Aufkommen neuer Wirtschaftsformen.

Wenn die Schlachtzahlen runtergehen sollen, muss die Anzahl der Betriebe die ohne Nutztiere arbeiten hochgehen. Es gilt also, die Bäuerinnen und Bauern mit ins Boot zu holen.

Sarah wird ihrem Vortrag über meine Zusammenarbeit mit Landwirt*innen sprechen und im Wesentlichen drei Punkte beleuchten:
Erstens, wenn Landwirt*innen gewaltfreie Nahrung produzieren, anstatt der Landwirtschaft den Rücken zuzukehren, wird real weniger getötet.
Zweitens, wie bei jeder geforderten Veränderung, braucht es ein wie, d.h. es muss verständlich sein, wie es anders gehen kann. Dies nicht nur den Konsumenten, sondern vor allem auch den Produzenten. Dazu kann und sollte drittens, jede*r mithelfen: Information und Motivation sind Schlüssel zur Veränderung.

Zusammen mit dir als engagiertem Menschen und mit den Bäuerinnen und Bauern ist ein neues Werte- und Landwirtschaftssystem möglich, sofern wir Utopien ins reale Leben pflanzen und in der Praxis Tatsachen schaffen.

Aufgenommen am Donnerstag, den 12. September 2019 in der Fabrique im Gängeviertel, Hamburg.

 

DO, 12.09.19

VORTRAG VON JAKE CONROY

„Ein Fall für Kampagnen: Den Wandel herbeiführen, statt ihn zu fordern“
(Englisch: „A Case For Campaigns: Making Change Instead of Asking For It“) (in englischer Sprache)

Während sich die Tierrechtsbewegung mehr und mehr auf die Änderung des individuellen Lebensstils durch Aufklärungsarbeit und Mahnwachen konzentriert, steigt die Zahl der jährlich geschlachteten Tiere weiter an. Was können wir tun, um diesen Anstieg zu verlangsamen und schließlich ganz zu stoppen?

Indem wir den Druck auf Unternehmen und Industrien erhöhen, anstatt uns auf Individuen zu verlassen, können wir eine Umkehrung dieses Trends bewirken. Wenn wir uns frühere Tierrechtskampagnen und andere erfolgreiche soziale Bewegungen ansehen, können wir erkennen, wie reale Veränderungen möglich sind.

Aufgenommen am Donnerstag, den 12. September 2019 in der Fabrique im Gängeviertel, Hamburg.

Hamburg Animal Rights Talks (HART)

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